Das Heizungsgesetz auf dem Prüfstand: Politische Unsicherheit trifft auf handwerkliche Realität
Kaum ein Gesetz hat in den letzten Jahren für so viel Diskussion in der deutschen Energie- und Baupolitik gesorgt wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das umgangssprachlich als „Heizungsgesetz“ bekannt wurde. Ziel des Gesetzes war es, fossile Heizsysteme sukzessive zu ersetzen und den Weg in eine klimafreundlichere Zukunft zu ebnen – insbesondere durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen, Solarthermie und Fernwärme.
Nun steht das Gesetz erneut zur Debatte. Einzelne Parteien stellen zentrale Punkte infrage, fordern Nachbesserungen oder sogar einen Stopp der Umsetzung. Diese politische Unsicherheit hat weitreichende Auswirkungen – insbesondere auf das Handwerk.
Die Reaktionen in der Branche sind gespalten. Während einige Handwerksunternehmen auf klare Richtlinien und Planungssicherheit pochen, sehen andere Betriebe im Aufweichen des Gesetzes eine dringend notwendige Entlastung.
Der Hintergrund: Was regelt das Heizungsgesetz eigentlich?
Das Heizungsgesetz – offiziell: Gebäudeenergiegesetz (GEG) – wurde im Zuge der Klimapolitik der Bundesregierung beschlossen und trat in seiner reformierten Fassung Anfang 2024 in Kraft. Der Kernpunkt: Ab 2024 sollen neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Bestehende Heizsysteme dürfen weiterbetrieben werden, doch bei einem Austausch greifen die neuen Regelungen.
Die Gesetzeslage sieht unter anderem vor:
- Verbot des Neueinbaus von reinen Öl- und Gasheizungen ab 2045
- Förderungen für Wärmepumpen und andere nachhaltige Technologien
- Stufenplan zur Umsetzung in kommunalen Wärmeplänen
- Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen für Härtefälle oder ältere Gebäude
Doch mit Blick auf Infrastruktur, Kosten und die allgemeine wirtschaftliche Lage mehren sich die Stimmen, die Zweifel an der Machbarkeit und Sozialverträglichkeit des Gesetzes äußern – auch innerhalb der Regierungskoalition. Erste Anträge zur Überarbeitung liegen bereits vor, während sich Landesregierungen über die Auslegung uneinig sind.
Handwerksbetriebe im Spannungsfeld zwischen Klimazielen und Praxis
Für das Handwerk bedeutet das Heizungsgesetz nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern auch einen massiven organisatorischen und kommunikativen Mehraufwand. Seit der Verabschiedung des Gesetzes herrscht in vielen SHK-Betrieben (Sanitär, Heizung, Klima) Hochbetrieb – nicht zuletzt, weil Verunsicherung bei Kunden zu einem sprunghaften Anstieg der Beratungsnachfragen geführt hat.
Die Herausforderungen im Überblick:
- Technologische Umstellung und Fachkräftemangel
Der Umstieg auf Wärmepumpen und erneuerbare Energien erfordert Know-how, Schulungen und Investitionen. Doch viele Betriebe klagen über einen Mangel an qualifiziertem Personal, was eine schnelle Umsetzung erschwert. - Verunsicherte Kundschaft
Viele Hausbesitzer wissen nicht, ob sie jetzt umrüsten müssen, was gefördert wird oder ob es sich lohnt, noch abzuwarten. Das Handwerk muss erklären, aufklären – und dabei mit ständig wechselnden politischen Vorgaben arbeiten. - Lieferengpässe und lange Wartezeiten
Die hohe Nachfrage nach klimafreundlichen Heizsystemen trifft auf eine teils überlastete Lieferkette. Wärmepumpen sind teilweise monatelang ausverkauft, was Projekte verzögert. - Wirtschaftlicher Druck durch Unsicherheiten
Ein Gesetz, das ständig infrage gestellt wird, erzeugt Unsicherheit bei Investitionen – sowohl bei Betrieben als auch bei Endkunden. Diese fehlende Verlässlichkeit hemmt Innovation und Planung.
Gespaltene Reaktionen: Stimmen aus dem Handwerk
Die Handwerksbranche ist sich in ihrer Bewertung der aktuellen Entwicklungen nicht einig. Einige Stimmen fordern eine konsequente Umsetzung des Gesetzes – aus Gründen der Klimaverantwortung und zur Sicherung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Andere sehen in der aktuellen Form eine Überforderung der Betriebe und Kunden.
Pro Heizungsgesetz (Position A):
„Wir brauchen endlich klare Leitplanken. Das ständige Hin und Her schadet dem Vertrauen. Unsere Kunden wollen wissen, worauf sie sich einstellen müssen – und wir als Betrieb auch.“
– Inhaber eines Heizungsbauunternehmens aus Nordrhein-Westfalen
Contra Heizungsgesetz (Position B):
„Die Idee ist gut, aber in der Praxis kaum umsetzbar. Der Gesetzgeber lässt uns im Regen stehen. Es fehlt an Material, Fachkräften und einer abgestimmten Infrastruktur.“
– SHK-Techniker aus Bayern
Diese Polarisierung zeigt: Während viele Betriebe an der klimapolitischen Zielsetzung festhalten, sehen sie in der aktuellen Umsetzung zu viele Stolpersteine und offene Fragen.
Ein Blick in die Zukunft: Was erwartet das Handwerk?
Unabhängig davon, wie sich das Gesetz weiterentwickelt, steht eines fest: Die Transformation im Gebäudesektor ist in vollem Gange. Auch auf europäischer Ebene gibt es klare Klimaziele, die mittelfristig Einfluss auf die Gesetzgebung in Deutschland haben werden. Die Handwerksbranche ist dabei nicht nur Betroffene, sondern auch Gestalterin dieses Wandels.
Politik und Wirtschaft müssen künftig enger zusammenarbeiten, um die Balance zwischen ökologischen Notwendigkeiten und praxisnaher Umsetzbarkeit zu finden. Nur so kann die Energiewende im Gebäudebestand gelingen – mit dem Handwerk als Rückgrat dieser Entwicklung.