Das Reisekostenrecht regelt die steuerliche Behandlung von Aufwendungen, die Arbeitnehmern im Rahmen beruflich veranlasster Auswärtstätigkeiten entstehen. Es definiert, welche Kosten erstattungsfähig sind und welche Pauschalen gelten. Für Arbeitgeber ist es essenziell, diese Regelungen zu kennen, um steuerliche Vorteile zu nutzen und rechtliche Vorgaben einzuhalten.
Definition & Bedeutung des Reisekostenrechts
Das Reisekostenrecht umfasst alle gesetzlichen Bestimmungen zur Abrechnung von Kosten, die im Zusammenhang mit beruflichen Reisen entstehen. Es dient dazu, den Mehraufwand, der durch dienstliche Tätigkeiten außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte entsteht, steuerlich zu berücksichtigen.
Ziel ist es, Arbeitnehmer für zusätzliche Ausgaben zu entschädigen und gleichzeitig klare Richtlinien für die steuerliche Behandlung dieser Kosten festzulegen.
Erste Tätigkeitsstätte: Zentrale Begriffsbestimmung
Die erste Tätigkeitsstätte ist der ortsfeste betriebliche Arbeitsplatz, dem ein Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Sie bildet den Referenzpunkt für die Abgrenzung zwischen regelmäßiger Arbeitsstätte und auswärtiger Tätigkeit. Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte gelten als Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und werden mit der Entfernungspauschale abgegolten.
Alle anderen beruflich veranlassten Fahrten gelten als Dienstreisen und unterliegen den Regelungen des Reisekostenrechts.
Erstattungsfähige Kostenarten
Im Rahmen des Reisekostenrechts können folgende Kostenarten erstattet werden:
- Fahrtkosten: Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Flüge oder des eigenen Fahrzeugs. Bei Nutzung des privaten PKW kann eine Kilometerpauschale von 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden.
- Übernachtungskosten: Tatsächlich entstandene Kosten für Übernachtungen, die durch Belege nachgewiesen werden müssen. Alternativ können Übernachtungspauschalen angesetzt werden, deren Höhe vom Reiseland abhängt.
- Verpflegungsmehraufwand: Pauschalen für zusätzliche Verpflegungskosten, die aufgrund der Abwesenheit von der ersten Tätigkeitsstätte entstehen. Die Höhe der Pauschalen richtet sich nach der Dauer der Abwesenheit und dem Reiseland.
- Reisenebenkosten: Sonstige notwendige Ausgaben wie Parkgebühren, Maut oder Telefonkosten, die im Zusammenhang mit der Dienstreise stehen.
Verpflegungspauschalen im Inland
Die Höhe der Verpflegungspauschalen im Inland richtet sich nach der Dauer der Abwesenheit:
- Abwesenheit von mehr als 8 Stunden: 14 Euro
- Abwesenheit von 24 Stunden: 28 Euro
- An- und Abreisetage bei mehrtägigen Reisen: jeweils 14 Euro
Diese Pauschalen gelten unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten und können steuerfrei erstattet werden.
Verpflegungspauschalen im Ausland
Für Auslandsreisen gelten länderspezifische Verpflegungspauschalen, die jährlich vom Bundesfinanzministerium festgelegt werden. Die Höhe der Pauschalen orientiert sich an den Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes.
Eine aktuelle Übersicht der Auslandspauschalen ist auf der Website des Bundesfinanzministeriums verfügbar.
Kürzung der Verpflegungspauschalen
Erhält der Arbeitnehmer während der Dienstreise unentgeltliche Mahlzeiten, sind die Verpflegungspauschalen wie folgt zu kürzen:
- Frühstück: Kürzung um 20 % der vollen Tagespauschale
- Mittag- und Abendessen: jeweils Kürzung um 40 % der vollen Tagespauschale
Diese Kürzungen gelten unabhängig davon, ob die Mahlzeit vom Arbeitgeber oder einem Dritten gestellt wurde.
Übernachtungskosten
Übernachtungskosten können in tatsächlicher Höhe gegen Vorlage entsprechender Belege erstattet werden. Alternativ können Übernachtungspauschalen angesetzt werden, deren Höhe vom Reiseland abhängt. Im Inland beträgt die Übernachtungspauschale 20 Euro pro Nacht. Für das Ausland gelten länderspezifische Pauschalen, die ebenfalls vom Bundesfinanzministerium festgelegt werden.
Fahrtkosten
Fahrtkosten können in tatsächlicher Höhe gegen Vorlage entsprechender Belege erstattet werden. Bei Nutzung des privaten Fahrzeugs kann eine Kilometerpauschale von 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden. Für andere motorbetriebene Fahrzeuge gelten abweichende Pauschalen.
Reisenebenkosten
Notwendige Nebenkosten, die im Zusammenhang mit der Dienstreise stehen, können in tatsächlicher Höhe erstattet werden. Hierzu zählen beispielsweise Parkgebühren, Maut, Gepäckgebühren oder beruflich veranlasste Telefonkosten.
Steuerliche Behandlung
Erstattungen, die innerhalb der gesetzlichen Pauschalen liegen, sind steuerfrei. Übersteigen die Erstattungen die gesetzlichen Pauschalen, sind die darüber hinausgehenden Beträge steuerpflichtig. Nicht erstattete Reisekosten können Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen.
Dokumentationspflichten
Für die steuerliche Anerkennung von Reisekosten ist eine ordnungsgemäße Dokumentation unerlässlich. Hierzu zählen:
- Reiseauftrag: Nachweis über die dienstliche Veranlassung der Reise
- Reisekostenabrechnung: Aufstellung aller entstandenen Kosten
- Belege: Originalbelege für alle erstattungsfähigen Ausgaben
Die Aufbewahrungsfrist für diese Unterlagen beträgt in der Regel zehn Jahre.
Rechenbeispiel: Die Reisekostenabrechnung von Max Mustermann
Um die Anwendung des Reisekostenrechts zu veranschaulichen, betrachten wir die Reisekostenabrechnung von Max Mustermann, der für eine dreitägige Geschäftsreise von Backnang nach Berlin gereist ist.
Reisedetails:
- Reisezeitraum: Montag, 4. November 2024, bis Mittwoch, 6. November 2024
- Abfahrt: Montag, 4. November 2024, 8:00 Uhr
- Rückkehr: Mittwoch, 6. November 2024, 20:00 Uhr
Aufstellung der Reisekosten:
Kostenart | Berechnung | Betrag (€) |
---|---|---|
Fahrtkosten | 600 km (Hin- und Rückfahrt) x 0,30 €/km | 180,00 |
Übernachtungskosten | 2 Nächte x 100,00 € (Hotelrechnung) | 200,00 |
Verpflegungsmehraufwand | 2 Tage à 24 Stunden x 28,00 € + 1 An- und Abreisetag x 14,00 € | 70,00 |
Reisenebenkosten | Parkgebühren: 15,00 €; ÖPNV-Tickets: 10,00 € | 25,00 |
Gesamtkosten | 475,00 |
Erläuterungen:
- Fahrtkosten: Max Mustermann nutzte für die Hin- und Rückfahrt seinen privaten Pkw. Die einfache Strecke beträgt 300 km, somit insgesamt 600 km. Die Kilometerpauschale beträgt 0,30 € pro Kilometer.
- Übernachtungskosten: Es wurden zwei Übernachtungen in einem Hotel gebucht, wobei die tatsächlichen Kosten pro Nacht 100,00 € betrugen.
- Verpflegungsmehraufwand: Für die beiden vollen Tage (Dienstag und Mittwoch) wird jeweils die Pauschale von 28,00 € angesetzt. Für die An- und Abreisetage gilt die Pauschale von 14,00 €.
- Reisenebenkosten: Während der Reise fielen Parkgebühren in Höhe von 15,00 € sowie Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Berlin in Höhe von 10,00 € an.
Die Gesamtkosten der Geschäftsreise belaufen sich somit auf 475,00 €.
Das Einkommensteuergesetz bildet die gesetzliche Grundlage
Das Einkommensteuergesetz (EStG) legt den rechtlichen Rahmen für die Abrechnung und steuerliche Behandlung von Reisekosten fest, die im beruflichen Kontext anfallen.
Es regelt, welche Kosten als Werbungskosten anerkannt und steuerlich geltend gemacht werden können, darunter Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten und sonstige Reisenebenkosten. Besonders § 9 EStG ist für die Abzugsfähigkeit dieser Kosten relevant.
Für Unternehmen ist die korrekte Anwendung dieser Regelungen wichtig, um steuerliche Vorteile zu nutzen und potenzielle Konflikte mit den Finanzbehörden zu vermeiden. Auch Arbeitnehmer profitieren, da sie die beruflich bedingten Mehraufwendungen durch den Werbungskostenabzug entlasten können.
Gemäß §9 EStG: Teilweise Erstattung des Verpflegungsmehraufwands
Gemäß § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Arbeitnehmer einen sogenannten Verpflegungsmehraufwand geltend machen, wenn sie beruflich bedingt von ihrer ersten Tätigkeitsstätte abwesend sind.
Dieser Mehraufwand dient als steuerliche Entlastung für zusätzliche Verpflegungskosten, die durch die Abwesenheit entstehen.
Dabei wird der Verpflegungsmehraufwand als Pauschale anteilig erstattet, abhängig von der Dauer der Abwesenheit. Für Abwesenheiten von mehr als 8 Stunden gilt eine Pauschale von 14 Euro pro Tag, während bei ganztägiger Abwesenheit (24 Stunden) 28 Euro pro Tag angesetzt werden können.
An An- und Abreisetagen kann ebenfalls eine Pauschale von 14 Euro geltend gemacht werden. Diese Pauschalen gelten unabhängig von den tatsächlich entstandenen Verpflegungskosten und sind steuerfrei, sofern die gesetzlichen Höchstgrenzen nicht überschritten werden.